Chronik
des Eisen - Gusswerkes.
Von
Hubert Schablhofer
Als
der
Autor in den Achtzigerjahren seine Regionalzeitung Mariazell Regional
veröffentlichte, sagte der damalige Volksschulleiter Karl
Prüller einmal, “b ei
mir in der Schul liegt eine umfassende Gemeindechronik. Ist doch schad,
wenn
sie in der Schublad verkommt. Schreibens doch mal was …!“
Jetzt,
Jahrzehnte später hat sich der Autor entschlossen, die gesammelte
Chronik, die
er einst mühevoll aus der Kurrentschrift in die heutzutage
gebräuchliche
lateinische Schreibschrift übersetzt hat, in Bergheimat noch
einmal zu
veröffentlichen.
„Was
Bergmanns Fleiß an Tag gebracht, Und des Feuers Macht glühte in
drei
Hochöfen. Glühte,
bis es knapp vor der Jahrhundertwende für immer erlosch, und damit
das "Eiserne Lied" verstummte. Hier
beginnt die eigentliche
Chronik, die der Kaufmann Franz Poppel in seiner Eigenschaft als
Bürgermeister
(1900 bis 1916) verfasste, und die nachfolgend originalgetreu
wiedergegeben
ist: Der
Werksbesitz bestand bis zum Jahre 1852 beziehungsweise bis zur
Abtrennung der
Forste (1866) aus: fünf Hektar Werkskomplex und 18.550 ha
Waldungen. Ferner:
Dem Eisensteinbergbau in Gollrad, 18 Betriebsgebäuden,
gediegen
wird’s durch Feuers Macht.
So wird
durch Prüfungsglut allein
Das
Menschenherz von Schlacken rein!“
Gußwerk:
Dieses liegt am Einflusse des Aschbaches in die Salza und gleicht durch
die
Menge des Werkes und Wohngebäude einem nicht unbedeutenden Dorfe.
Gußwerk wurde
nebst dem Bergbau ind Gollrad zuerst innerhalb der Jahre 1740 bis 1750
betrieben.
Graf
Eugen Inzaghy, Abt von St.Lambrecht, vom Jahre 1737 bis
13. Jänner 1760,
an welchem Tage er in Mariazell starb, richtete seine besondere
Aufmerksamkeit
auf dieses Werk, nachdem er es errichtet hatte. Es blieb Eigentum des
Stiftes
bis zu dessen Aufhebung im Jahre 1786. Bei der Wiederherstellung des
Stiftes
wurde aber das Werk dem Religionsfonds abgetreten und 1800 durch
Ablösung
Eigentum des Montanärars. Unter diesem geschah sehr viel zur
Emporbringung des
Werkes, sodaß es bereits damals in seinen größeren
Erzeugnissen auf rühmliche
Art mit anderen ähnlichen Werken wetteifern konnte. Das Verdienst
dieses
Aufschwunges, dieser bemerkenswerten Größe, Ordnung und
Vollständigkeit gebührt
dem unermüdlichen eifriger und der tiefen Sachkenntnis des
damaligen
Oberverwesers Johann Hippmann. Vom Montanärar kam Gußwerk im
Jahre 1869 durch
Kauf an die Neuberg – Mariazeller – Aktiengesellschaft und die vorher
mit dem
Werk vereinigten Forste und Domänen im Besitze des Staates
blieben, und von
diesen im April 1882 durch Fusion an die österreichische alpine
Montangesellschaft
Eine mechanische
Werkstätte enthaltend: 2 Hobelmaschinen, 1 Drehbank, 3
Spitzbälge und 1 Schleifwerk,
1 Hufschmiede mit 2 Feuern, 1 Hammer 1, Spitzbalg, 1 Erzquetsche mit
Walzquetsche und Hammer. 38 Motoren
mit 120
Pferdestärken, 1 Gusshütte mit 3 Holzkohle Hochöfen
sowie auch einer Flammhütte.
Ein Schneidwerk enthaltend: 3 Drehbänke und 1 Spitzbalg, 1
Eisendreherei und 3
Drehbänke, 1 Holzdreherei mit 1 Drehbank, 2 Fußbänke, 1
Gischtenaufzug und 1 Gebläsehammer
mit 4 Gebläsezylinder.
Ein Kanonenbohrwerk enthaltend: 8 Bohr- und Drehbänke, 1
Hobelmaschine, 1
Schleifstein, 1 Spitzbalg und 1 Feuer, 1 Sägemühle, 1
Werkstätte (Kugelrolle)
mit 5 Drehbänken, 2 Grobhämmer und 3 Zeughämmer, 2
hölzerne Kastengebläse, 1
Nagelschmiede.
Sämtliche
Werksanlagen wurden durch 38 Wasserräder betrieben, der
Werksbesitz 1897 (zwei
Jahre vor Auflösung) 248 Hektar Grund, teils landschaftlich, teils
unproduktiv,
dem Bergbau in Gollrad, dem Bergbau in Sollen, Niederalpl, Rothsoll. 48
Betriebsgebäuden, 19 Motoren mit 228 Pferdestärken, den
komplett eingerichteten
Hochofen und Formereianlage mit Maschinen und Schablonenformerei,
Trockenkammern, Sandmühlen, Dampfkrahne, Modelltischlerei, mehrere
Spezialmaschinen der mechanischen Werkstätte und des Bohrwerks mit
47
Drehbänken, 10 Hobel, 5 Bohrhämmer und 32 Spezialmaschinen.
Je eine Brettersäge
mit Turbinenbetrieb in Gußwerk, Gollrad und Aschbach, den 3
Röstanstalten in Gollrad
mit 10, in Aschbach 2 und Sollen 3 Öfen. 1 Bremsberg in Gollrad, 1
Erzaufzug in
Sollen, dem vertragsmäßigen Austorfungsrecht in Mitterbach.
136 Wohngebäude für
350 Familien und 100 ledige Arbeiter. 1 Stallmeisterei mit 17 Paar
Pferden und vollständig
ausgerüsteten Wagenpark, etc. etc.
Als Betriebskraft
in Gußwerk diente der Salzafluß. Seit 1890 ist in
Gußwerk in der Hütte und
mechanischen Werkstätte die elektrische Beleuchtung
eingeführt. Nach dem großen
Brande im Jahre 1834 würde die Formerei so auch die
Gußhütte gewölbt. Im Jahre
1883 wurde in Gußwerk eine 280 Mann starke gutausgerüstete
Werksfeuerwehr organisiert.
Im
Jahre 1742 wurde von dem Abte Eugenius im alten Amtshause eine Capelle
errichtet.
So lange das Stift bestand und also auch Eigentümer war, wohnte
ein Geistlicher
in Gußwerk, der aber an Sonn- und Feiertagen nach Wegscheid
mußte, um dort den Gottesdienst
zu versehen. An diesen Tagen kam dann von Mariazell ein Geistlicher, um
in der
Gußwerker Capelle den Gottesdienst abzuhalten. Mit Aufhebung des
Stiftes hörte
diese Ordnung auf und es wurde die heute bestehende eingeführt. Im
Jahre
1850wurde die Kirche in Gußwerk mit einem Kostenaufwand von fl
29.400 erbaut,
und ist dieselbe seit 1. Juli 1898 Eigentum der Gemeinde. Die
Gemeinde mußte
sich verpflichten, an Sonn- und Feiertagen eine heilige Messe lesen zu
lassen
und hat die Kosten ca. fl300 im Jahr zu bestreiten.
Im
Jahre 1800 wurde in Gußwerk eine Trivialschule gegründet mit
einer Classe, und
war dieselbe in dem Hause wo heute die Post ist (ehemals Alte Post
Anm.d.Red.)
im erstenStocke untergebracht. 1828 wurde die Lehrstelle von der
Schul-Distrikts-Aufsicht Mariazell ausgeschrieben und erhielt dieselbe
Johann
Novak, welcher durch 50 Jahre an dieser Schule wirkte und mit dem
goldenen
Verdienstkreuze ausgezeichnet wurde. Später wurde die Schule zu
einer zwei bis
drei und 1892 zu einer provisorisch vier-classigen erweitert, und waren
zwei Classen
in dem, zuerst dem Aerar gehörigen Schulhaus, welches später
an die
Gesellschaft überging, eine Classe im sogenannten alten Amtshause
und die
vierte im neuen Amtshause untergebracht. 1898 in folge Auflösung
des Werkes
wurde die vierte Classe aufgelassen, und die drei-classige Schule wie
früher
vermerkt in das von der Gemeinde gekaufte Haus untergebracht. Die k.k.
Försterschule in Gußwerk wurde im Jahre 1881 unter dem
damaligen Forst-Verwalter
L. Hampel gegründet. Im Jahre 1882 gründete Werksdirektor
Ruttner von Grünberg
für die Werkslehrjungen eine Fortbildungs-Schule.
Das
Haus der Forst- und Domänen-Verwaltung wurde im Jahre 1859 erbaut.
Post-
und Telegrafen-Amt: Bis zum Jahre 1860 mußten die Postsäcke
nach und von
Mariazell getragen werden und wurde in diesem Jahr in Gußwerk ein
Post-Amt errichtet.
Im Jahre 1878 wurde das Telegrafen-Amt eröffnet und bis 1886 von
der
Gesellschaft, gegen das übliche Jahrespauschale besorgt und
erhalten, bis 1887
das Post- und Telegrafen-Amt als aerarisches errichtet wurde.
Der Spar und Vorschuß-Verein für Gußwerk wurde am
15. Jänner 1899 gegründet.
Am 23. März 1899wurde in Gußwerk die freiwillige
Feuerwehr gegründet und
traten als ausübende 46 und als aktive 14 Mitglieder bei. Zum
Hauptmann wurde Michael
Rohrbacher, zu dessen Stellvertreter Franz Bogensberger gewählt.
Am 8.
Mai1899 wurde die Spar und Vorschuß- Cassa eröffnet durch
die Vorstandsmitglieder
Franz Poppel, Carl Weber und Franz Pichler.
Am 8. Mai
1899 wurde in Gußwerk der Hochofen ausgeblasen und der Kuppelofen
zum
letztenmale in Betrieb gesetzt und erhielten die noch übrigen
Arbeiter ihre Entlassung
respektive Pensionierung.
Am 11. Februar
1900 fuhren die Herren Franz ritter, Bürgermeister von Mariazell,
Franz Poppel,
Bürgermeister von Aschbach und Eduard Ploner, k. k. in Pension
nach Wien zur Audienz
zu sr. Majestät, welche am 12. Februar um 10 Uhr Vormittag
stattfand.
Ritter als Führer der Deputation überreichte ein Gesuch und
bat sr. Majestät um
Förderung des Ausbaues der Bahnlinie Kernhof, Mariazell,
Gußwerk. Der Kaiser
sagte: die Bahn sei ja gebaut worden zu dem Zwecke der Fortsetzung nach
Mariazell
worauf Ritter erwiderte, daß dies leider noch nicht geschehen und
jetzt um so
notwendiger wäre, da der gesamte Bezirk durch die Auflösung
des Werkes
geschädigt ist und nur eine Bahn Rettung bringen kann. Der Kaiser
war äußerst
liebenswürdig und versprach sich genau Bericht erstatten zu
lassen, worauf die
Audienz beendet war, welche den Mitgliedern der Deputation
unvergesslich bleiben
wird. Reichstagsabgeordneter Professor Lorbeer, welcher sich für
die Sache sehr
einsetzt, erwirkte der Deputation nach dieser Audienz eine solche bei
dem
Finanz Minister welcher versprach sein möglichstes zu thun.
Die
Bezirksvertretung spendete einen Betrag con 100 Kronen zur Errichtung
eines
Knabenfertigungs Curses in Gußwerk, und wurde dieser Curs am 5.
April 1900
eröffnet. Es nahmen an denselben 18 Knaben teil. Der Kurs wurde im
Jahre 1902 aufgehoben,
indem der bisherige Leiter nach Gröbming versetzt wurde.
Die
Hundesteuer per Hund 6 Kronen wurde in der Gemeinde mit
1. Jänner 1903
eingeführt.
Am 20. März
1906 wurde mit der Abtragung der Gusshütten in Gußwerk
begonnen und wird das
gewonnene Material zum Bau der Bahnhofsgebäude verwendet werden.
Auch mit dem
Bau des Sägewerkes Glesinger wurde im Jahre 1906 begonnen.
Am 20. April
1907 in Gußwerk Überschwemmung. Die Salza tratt beim Rechen
in folge
Verklausung aus und floss das Wasser, alles mit sich reissend bis zum
Lendhaus.
Als ein Therl des Rechens weggerissen wurde lief fas Wasser
zurück. Am 6. Juli
1907Eröffnung der Bahn für Frachtverkehr von Gußwerk
aus, erste Fracht gab
Rohrbacher (Pappendeckel) auf. Am 15. Juli 1907 Eröffnung der
Bahn für
Personenverkehr und fuhren am ersten Tag über 100 Personen von
Gußwerk ab. Mit
dem ersten Zug um 6 Uhr Früh konnte jeder „gratis“ bis nach
Mariazell fahren. Die
erste ausgegebene Karte für die Fahrt Gusswerk – Mariazell Nr.
0001 III.
Klasse. Ganze Fahrt Kronen 0,40 Halbe Fahrt Kronen 0,20.
Im
Oktober 1907 wurde der Betrieb im Werk (Säge) S.Glesinger
aufgenommen.
Mit
Erlaß des Landesschulrates wurde die Erweiterung der Schule in
Gußwerk zu einer
4-classigen und zwar provisorisch mit einer Parallele zur ersten Classe
bewilligt. Die Adaptierungen wurden so schnell wie möglich
vorgenommen und
konnte der regelmäßige Unterricht für 1. März
1908 festgesetzt werden.
Am 14. August 1908 wurde ein geschichtsträchtiger Akt
vollzogen. Durch eine Verlautbarung im Landes-Gesetz- und
Verordnungsblatt Nummer 56
Am 14. August
1911 fand die Einweihung und Eröffnung des von der
Alpine-Gesellschaft „Alpenrose“
auf der Tonion erbauten Schutzhauses statt. Über 200 Personen
nahmen an dem
Feste teil, die Einweihung vollzog Pfarrer Ochsenhofer von Frein.
Am 8. Oktober
1911 fand die Weihe der neuen Feuerspritze in Gusswerk statt. Nach der
Festmesse hielt Hochwürden Pater Schuster die Festrede und weihte
die bekränzte
Spritze. Als Patinnen fungierten die Frauen Maria Poppel und Johanna
Rohrbacher.
Feuerwehrhauptmann Franz Bogensberger dankte den Anwesenden für
die Teilnahme
an dem Feste, weiters der Gemeinde, die es ermöglichte daß
die Spritze so schnell
angeschafft werden konnte.
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