zur Ausgabe       umblättern  (Altweibersommer)                                     zum nächsten Beitrag  (Der Auerhahn)

Hirschbrunft.
"Gehn ma Hirsch losn" (hochdeutsch in etwa: Gehen wir den Brunftschrei der Hirsche anhören), hieß es früherszeiten allemal in unseren Breiten. Der Brauch des "Hirschlosn's" hat sich, insbesondere bei der älteren Generation, bis heute erhalten. Meist abends, wenn es schon dunkelt, wenn die Natur langsam zur Ruhe kommt, kann man den Brunstschrei der Rothirsche an bestimmten Stellen über weite Strecken hin hören. Auch tagsüber, vor allem wenn die Witterung (nicht zu trocken) die brünstigen Wilder zu regen Aktivitäten zu animieren scheint, rumort es dort und da gewaltig in den ansonsten stillen Wäldern... Begegnet man so mancher "Suhlstelle" (Wasserlachen, in denen sich die Hirsche wälzen). Mit ein wenig Glück - meist in Begleitung eines erfahrenen Jagdgehilfen - wird man der Wildtiere ansichtig, und in manchen Fällen kann man sogar, heimlich  hoch oben am Hochstand (Bild links), versteckt sitzend -   ihre brutal ausgetragenen Ritualkämpfe um den Besitz der Hirschkühe beobachten. Weithin dröhnt dann der Brunftschrei des siegreichen Platzhirsches, während der Unterlegene schleunigst das Weite sucht. Nicht selten endet ein solcher Zweikampf für einen der Kontrahenten tödlich, und es ist schon vorgekommen, dass beide Kämpfer zugrunde gingen, weil sich ihre Geweihe so ineinander verstrickt hatten, dass sie nicht mehr auseinander konnten. Doch diese Zufälle sind eher selten.
Die Paarungszeit des Rotwildes - in der Jägersprache als Brunft bezeichnet - dauert in der Regel von Mitte September bis Mitte Oktober. Während dieser Zeitspanne sammelt der starke Hirsch mehrere Hirschkühe um sich, in der Folge - neben seiner eigentlichen Aufgabe, der Begattung (in der Jägersprache beschlagen genannt) - eifersüchtig bemüht, eventuell in seinen "Harem" einbrechende Rivalen erstmals durch drohendes Röhren zu warnen, um sie - sollte der weithin schallende Brunftschrei, der auch dazu dient um Kühe anzulocken - nicht den gewünschten Erfolg zeitigt,  in oben geschilderten Zweikämpfen, bei denen der starke Platzhirsch meist die Oberhand behält, von seinem Rudel fern zu halten. Der Rothirsch knört bei geringer Erregung. Bei starker Erregung, stehend oder laufend schreit er. Bei diesem klagenden Brunftschrei spricht der Jäger vom Röhren oder vom Orgeln. Man hört diese Laute beim suchenden Herausforderer und beim Platzhirsch. Beim Vertreiben des Nebenbuhlers hört man das schnell aufeinanderfolgende, kurze Trenzen.
Die weiblichen Tiere sind nur wenige Tage brünstig und werden in dieser Zeit mehrmals hintereinander "beschlagen" Dabei treibt der Hirsch sie über den markierten Brunftplatz. Die Tragzeit beträgt 34 Wochen. Setzzeit: Mitte/Ende Mai, meistens 1 Kalb. Das Kalb wird zunächst abgelegt und das Alttier kommt nur zum Säugen. Kurze Zeit darauf bilden Alttiere, Kälber, Schmaltiere und Spießer (Vorjahreskälber) eigene Rudel mit einem Leittier. Obwohl das Rotwild keineswegs  von der Ausrottung bedroht ist, wurde der Rothirsch zum Tier des Jahres 2002 gewählt.
Während die Hirschkuh Geweihlos bleibt, bilden sich bei den jungen Hirschen zuerst einfache Stangen mit wenig Verzweigungen, wird von Jahr zu Jahr der Kopfschmuck größer. Bei der 4. oder 5. Sprosse entsteht dann die sogenannte Krone. Je größer und ausladender das Geweih, und je verzweigter die Sprossen (in der Jägersprache als Enden bezeichnet), desto begehrter ist die Trophäe. In Österreich haben sich zwei Rothirschrassen herauskristallisiert. Der mächtige Auhirsch in den Niederungen, mit einem Geweihgewicht von an die- oder sogar über 10 Kilogramm, und ein zierlicher, dem steilen Gebirgsgelände bestens angepaßter Hirsch im Mittel- und Hochgebirge. Durch Kreuzung von Au- und Gebirgshirsch ist die einstmals scharfe Faunatrennung in den vergangenen Jahrzehnten etwas verfälscht. Trotz alledem ist der Rothirsch unumstrittener König der Wälder, mit an die- oder sogar über 200 kg Lebendgewicht , und mit Geweihdimensionen bis an die 20 Enden eine imposante Erscheinung, die so manchem Weidmann den Adrenalinspiegel in die Höhe schraubt.
"Gehn ma Hirsch losn." Ein schöner Brauch, der hoffentlich auch im nächsten Jahr wieder seine Anhänger finden wird.
   top nach oben