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Der Brot segnende Heiland.


Alljährlich zur Osterzeit lebt in Mariazell ein uralter Gründonnerstagbrauch auf. Im Mittelpunkt steht eine aus Holz geschnitzte, mit beweglichen Gliedmaßen ausgestattete, und in wunderschöne Gewänder gehüllte Christusfigur: "Der Brotsegnende Heiland", wird sie genannt. Die lebensgroße Holzstatue ist anno 1848 vom damaligen "bürgerlichen" Bäckermeister Pergerin Feischl, laut Überlieferung nach einem, vorher aus Brotteig gefertigten Model, geschnitzt worden. Die Figur befindet sich heute noch im Familienbesitz der direkten Nachkommen des Bäckermeisters Feischl. Sie wird nur zur Osterzeit der Öffentlichkeit präsentiert, um beim alljährlichen 'Apostelmahl', das jedes Jahr in einem anderen Mariazeller Gastlokal stattfindet, den Vorsitz zu führen.
Jedes Jahr am Gründonnerstag, findet in der Mariazeller Basilika die liturgische Fußwaschung statt. Zwölf betagte Männer aus Mariazell spielen dabei die zwölf Apostel. Nach der Zeremonie erhält jeder 'Apostel' einen Apostelführer (meist Geschäftsleute aus der Stadt), denen die Aufgabe zuteil wird, die 'Apostel' nach dem Gottesdienst zum 'Apostelmahl' zu geleiten. An der festlich geschmückten Tafel sitzt dann, mitten unter den 'Aposteln', die geschnitzte Heilandsfigur (Foto). In der einen Hand einen Laib Brot haltend, die andere Hand segnend erhoben. Daher vermutlich auch der Name "Brotsegnender Heiland."
Nach dem Apostelmahl wird die Figur wieder, für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, verwahrt. In früheren Jahren war der brotsegnende Heiland in einer - Herrgottskammer wurde sie genannt - frei zugänglichen Hauskapelle der ehemaligen Bäckerei Feischl am Pater Ablplatz das ganze Jahr über in vollem Ornat zu sehen. Bedingt durch diverse Umbauten verschwand die Kapelle (leider) vor einigen Jahren. Daher ist der brotsegnende Gottessohn, einst aus einem, aus Brotteig geformten Model (als Model wird eine Form - in diesem Fall wahrscheinlich eine Backform - bezeichnet. Anm.d.Red.) entstanden, nur mehr einmal im Jahr, am Gründonnerstag im Zuge des Apostelmahles zur Schau gestellt, zu sehen.